Screencasts mit dem iPad

Paper auf einem iPad

Ich gebe zu: ich bin wahrlich nicht der Erste, der vor dem Problem stand, einen Screencast auf dem iPad aufzunehmen (siehe hier, hier und hier). Ich möchte aber auch noch mal für mich selbst aufschreiben, welche Möglichkeiten es gibt. Ganz einfach um zu dokumentieren, was ich für Kopfstände gemacht habe, um eine kurze Zeichensequenz für das Video „Didaktische Einsatzszenarien für Blogs und E-Portfolios“ aufzunehmen, für die ich die App Paper (siehe oben) benutzt habe.

Das Dilemma ist folgendes: Einerseits ist das iPad als Eingabewerkzeug fast vergleichbar mit Tablets von Herstellern wie Wacom und daher für Livezeichnungen für Screencasts hervorragend geeignet. Andererseits verfolgt Apple eine sehr restriktive Politik und behindert dadurch die Entwickler von Tools zum Aufzeichnen des Bildschirminhalts auf dem iPad, wie es scheint. Sonst wäre der Markt für solche Apps sicher größer.

Die einfachste Möglichkeit ist es natürlich, sich selbst dabei zu filmen, wie man gerade das iPad bedient. Das hat auch den Vorteil, dass die Benutzereingaben sichtbar sind. Wenn man nur den Bildschirminhalt hat, ist ja bei Tablets kein Cursor sichtbar ist, was manchmal zu Verwirrung führen kann. Man braucht aber auf jeden Fall ein Stativ bei dieser Methode und muss ein bisschen mit der Beleuchtung herumspielen, bis man das spiegelnde Display des iPads im richtigen Winkel hat.

Ich möchte in diesem Artikel auflisten, welche Möglichkeiten mir als günstig erscheinen, das als Video zu speichern, was man auf dem iPad macht, angefangen von Gratislösungen bis hin zu teuren aber guten Möglichkeiten. Gleich vorweg sei allerdings gesagt, dass man bei allen Möglichkeiten Kompromisse eingehen muss.

Zeichenapps mit Aufnahmefunktion

Screencast Werkzeuge Icons

Die erste Möglichkeit, das aufzunehmen, was man auf dem iPad schreibt oder zeichnet sind Apps, die genau das zum Ziel haben. Beispiele dafür sind Show Me, LivePaper, ScreenCaster Lite oder Doceri. Alle bieten Basisfunktionen, die aus dem iPad ein Zeichentablet machen und weitere, die es in eine Art Mini-IWB verwandeln. Die Besonderheiten der einzelnen Apps stecken in Details.

ShowMe ScreenshotShow Me bietet einen direkten Distributionskanal, man könnte sogar sagen, das ist seine einzige Aufgabe, denn man muss sich irgendwie anmelden, wenn man die App überhaupt benutzen möchte. Videos werden dann gleich auf showme.com veröffentlicht und sind auch nicht unbedingt hochauflösend. Ich habe es allerdings nur auf dem iPad2 getestet, ich weiß nicht, wie es bei den neueren Generationen aussieht. Ärgerlich war für mich, dass ich mich mit meinem Twitter-Konto angemeldet habe und alle Veröffentlichungen gleich getwittert wurden, egal wie es mit der Qualität aussah. Eine Einstellung, wie man das verhindern kann, habe ich leider nicht gefunden.

LivePaper ScreenshotBei LivePaper kann man auf ein paar mehr Funktionen zugreifen. Man kann seine Notizen zum Beispiel auch als PDF speichern und ein Texttool, wahlweise inklusive Lupe benutzen. Videos werden über livepaperonline.com bereitgestellt. Allerdings ist die Free Version mit Werbung zugekleistert. Was mich etwas gestört hat war die Tatsache, das alles etwas chaotisch aussah. Wenn man mit einem Stift oder dem Finger auf dem iPad schreibt, macht LivePaper daraus Zitterlinien. Besser funktioniert’s, wenn man die angesprochene Lupenfunktion benutzt (s. Screenshot).

ScreenCaster ScreenshotScreenCaster wird in einer Lite und einer Bezahlversion angeboten und ist vor allem dazu gedacht, Webkonferenzen abzuhalten und dabei ähnliche Funktionen zu bieten wie Adobe Connect. Man kann dazu eine vorbereitete Präsentation abspulen, in Web browsen oder eine rudimentäre Whiteboard nutzen. Man kann das alles natürlich auch aufnehmen, aber die Konferenzfunktion steht tatsächlich im Vordergrund und wir bewegen uns ein wenig vom eigentlichen Thema dieses Artikel weg, sollten also wieder zu den Screencasts zurück kommen.

Mir persönlich hat die App Doceri gefallen, denn sie bietet ein paar Details, die die Arbeit an Screencasts sehr erleichert. Mich hat es zum Beispiel bei den meisten Notizenapps immer genervt, dass man aus Versehen mit dem Handball Striche und Punkte malt oder die App minimiert, weil das iPad die Eingaben als Multitouchgeste gewertet hat. Doceri bietet einen Handballenschutz, den man beliebig von unten in die Zeichenfläche hochziehen kann und auf dem man die Hand auflegen kann. Sehr hilfreich! Man kann auch andere Auflösungen einstellen, falls die 1024*768 Pixel des iPad2 nicht ausreichen. Mit einer Desktop Software kann man außerdem das iPad als Eingabegerät benutzen und den Desktop bedienen. In dieser Kombination kann man dann die verschiedenen Vorteile von iPad und Laptop/PC gemeinsam nutzen. Übrigens finde ich auch die Zeichenwerkzeuge bei Doceri am schönsten, da die Striche im Nachhinein leicht geglättet werden und es nicht so krikelig wie bei LivePaper aussieht.

Der Nachteil dieser Lösungen (außer Doceri) ist, dass man auf die Funktionen der Apps angewiesen ist und die beschränken sich oft auf ein paar Stifte, die Möglichkeit Bilder einzufügen und eventuell noch ein Textwerkzeug. Man ist also in einer Art Sandkasten gefangen. Möchte man andere Sachen aufnehmen, wird’s schon komplizierter.

Bildschirminhalt aufnehmen

Die Tatsache, dass Apple sehr restriktiv ist, was Systeminterna anbelangt, kann man natürlich mit einem Jailbreak umgehen. Dann stehen einige Möglichkeiten offen, aber ich möchte das hier verschweigen, da die Gerätegarantie flöten geht.

Es gibt tatsächlich zwei Möglichkeiten, ohne weitere Hardware den Bildschirminhalt des iPads aufzuzeichnen. Eine davon ist nur für MacOS verfügbar, heißt Reflection, und kostet € 4,49. Folgendes Video von Rick Yeager zeigt, wie Reflektion funktioniert.

Die andere hinterlässt im Moment einen etwas seltsamen Eindruck. Verschiedene Quellen berichten, dass DispRecorder, um das es hier geht, teilweise nicht mehr im AppStore auffindbar war. Der Preis schwankt auch je nach Quellen zwischen € 1,59 und € 7,99, aktuell wird es mit € 4,49 mit dem Vermerk, dass das ein SALE Preis ist, gelistet. Die App leistet auf jeden Fall das, was gewollt war. Einfach nur den Bildschirminhalt des iPads abfilmen. Das geht eigentlich recht gut, allerdings ruckelt das Video, das dabei entsteht öfters mal. Außerdem hat man einen nicht so schönen pulsierenden roten Balken oben im Video. Da man in Display Recorder eigentlich gar nicht einstellen kann, denke ich mal, dass man das auch nicht abstellen kann und das Video eventuell bei der Nachbearbeitung beschneiden muss.

VGA-Signal abgreifen

Kommen wir also zum Schluss zur teuersten Variante, aber auch der, die das beste Ergebnis liefert. Naja, es geht natürlich noch teurer, wenn man professionelles Equipment benutzt und auch etwas billiger, wenn man Grabbeltischwahre nimmt. Ich habe hier folgendes Setup benutzt, ganz einfach, weil wir das Epiphan-Gerät hier hatten. Es wird im Bereich der Vorlesungsaufzeichnung benutzt und ich konnte es von den Kollegen ausleihen.

Das Setup sieht so aus:

VGA Setup

Das iPad-Signal (1) wird über den zusätzlichen VGA-Adapter (2) in die Epiphan-Box (3) geschickt und kann dann über USB auf den Laptop übertragen werden. Eine Software von Epiphan (4) zeigt das Signal an und bietet auch die Möglichkeit es aufzuzeichnen. Sieht ziemlich einfach aus, oder? 😉 Auf jeden Fall ist das dasselbe für den PC, das das oben genannte Reflection für den Mac macht. Der Preis für diese Lösung (und jetzt bitte erstmal hinsetzen): € 30 für den VGA-Adapter und € 630 für das Epiphan VGA2USB LR. Wer eine billigere Lösung weiß, kann sie gerne in den Kommentaren hinterlassen. Nach einer kurzen Recherche scheint die Epiphan-Box sogar die einzige zu sein, ich lass mich aber gerne belehren.

Alternativ könnte man auch noch einen HDMI-Adapter für das iPad kaufen, der kostet auch nicht viel mehr als der VGA-Adapter und dann eine Express-Karte in den Laptop stecken, falls der Laptop denn einen PCI Express Slot besitzt. Da gibt es zum Beispiel die Lösung von DeLock, es gibt aber auch andere.

PCI Express HDMI Karte

Fazit

Es ist nicht so einfach. Da Apple ziemlich restriktiv ist und der Markt für solche Apps nicht besonders ergiebig, beschränkt sich das Angebot von Apps, mit denen sich Screencasts erstellen lassen, eigentlich auf die oben genannten. Hardwareseitige Lösungen, die die beste Qualität versprechen, sind dagegen sehr teuer. So richtig kann ich eigentlich nur die App Doceri und die VGA Grabber Lösung empfehlen. Die Lösungen, die es für Android und Windows 8 gibt, kenne ich noch nicht. Das wäre auf jeden Fall einen weiteren Blogartikel wert.

11 Gedanken zu “Screencasts mit dem iPad

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  3. Hallo, nette Zusammenstellung, aber es gibt eine günstigere und einfachere Lösung. Es gibt ein Programm (ca. 10€) mit dem Namen AirServer, dieses macht aus jedem MAC oder PC im gleichen Netz ein AirPlay Target. Damit kann das Display des iPads direkt auf dieses Gerät übertragen werden und dann dort mit den üblichen Screenrecodern aufgezeichnet werden. Außerdem ganz praktisch für kabelloses präsentieren.

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  6. Vielen Dank für den Hinweis. Ein Kollege hatte mich auch schon darauf aufmerksam gemacht, ich hatte aber noch keine Gelegenheit, den Artikel zu updaten. Ich werde es aber demnächst ausprobieren.

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  9. Ich habe auch einige Zeit gesucht und bin schließlich bei Airserver hängengeblieben. Dazu nutzte ich parallel dann Camtasia for Mac (deutlich erschwinglicher – wenn auch abgespeckter – als die PC-Version). – doch jetzt das Gute – seit neuestem bietet die AirServer Version 5.0 (nur für Mac) eine Recordingfunktion mit an.

  10. Naja, es gibt ja immerhin AirServer. Was mich daran erinnert, dass ich den Artikel mal updaten wollte… :-/

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